Die Freistadt Rust und der Furmint

23.09.2024

Unsere aktuellen Jahrgänge: Furmint und Ried Geyerumriss Furmint

Namentlich wurde diese einmalige Entwicklung von einer berühmten, althergebrachten und unvergleichlichen Rebsorte geprägt – und das schon seit mindestens 600 Jahren: dem Furmint (Šipon).

Bis zur Reblauskatastrophe Anfang der 1890er-Jahre galt der Furmint als unumstrittene Hauptsorte des Ruster Hügellands. Die Gründe dafür? Zum einen lassen und ließen sich aus dieser edlen Rebe Weine von höchster Qualität und erlesenstem Prädikat herstellen, die zudem noch mit erheblichem Reifepotential ausgestattet sind. Zum anderen hält der Furmint aller drei klassischen Herkünfte (Tokaj, Jeruzalem und Rust) einen festen Platz in der internationalen Weinliteratur inne.

Dass die Ansprüche des Furmint hoch sind, wissen alle, die sich mit dem Anbau desselben befassen. Nur gut drainagierte Hanglagen in eher windgeschützten Lagen – idealerweise auf den Verwitterungsböden des schieferstämmigen „Ruster Schotters“ – erzielen bestmögliche Ergebnisse aus dieser historischen Spezialität.

Wenn ich einen See seh’ brauch ich kein Meer mehr…

Über das Wesen der in Österreich seltenen Rebsorte Furmint

Die alten Ruster sagten: „Der Furmint muss den See sehen, aber nicht spüren!“ Wer seine Informationen noch im Wesentlichen aus eigener oder tradierter Beobachtung schöpft (und nicht aus einer Überfülle von elektronischem Infomüll herauskratzen muss), kann zu solchen klugen Folgerungen kommen. Tatsächlich haben die altvorderen Beobachtungsmeister die Wirkweise des Hotters gut erkannt. Durch die über die Jahrhunderte geschaffene Großterrassen-Topografie des Ruster Weinbau-Hotters entstehen (im Wortsinn) einmalige Verhältnisse für die Rebkultur.

Quarz, Feuerstein und Schiefer dominieren die Böden der südlichen Hotterhälfte. Sie war durchgehend in fünf Geländestufen unterteilt, die durch Trockensteinmauern abgegrenzt wurden. Als mikroklimatisch ideal galten die (von unten gezählt) Stufen drei und vier, denn weiter oben war es zu trocken und zu windig. Die dem See näher gelegenen Rieden der Stufen eins und zwei waren dagegen meist feucht, zu fruchtbar und obendrein stark dem Vogelfraß ausgesetzt.

Seit etwa 1944 bestehen die auch wunderschön anzusehenden Mauern zum größten Teil nicht mehr. Die Zeiten ändern sich, die wechselvolle Geschichte des Furmint in Rust beziehungsweise ganz Österreich währt allerdings schon länger. Wir wollen sie hier erzählen. Und der Anfang mit dem Wiederaufbau der Trockensteinmauern wurde 2024 auch gemacht!

Die Geschichte des Furmint

Seit dem 15. Jahrhundert prägt der Furmint gemeinsam mit seiner „Partnersorte“ Gelber Muskateller den Weinstil von Tokaj, Jeruzalem und Rust. Die Kombination versprach stets Saft, Prägnanz und Eigenständigkeit; eine genaue Lese vorausgesetzt.

Von 1890 bis 1893 überrollte die Reblaus den Osten des heutigen Österreich. Die Weinbaubetriebe der Gegend nutzten die darauffolgende Wiederaufbauphase zur Sortenerneuerung. In den folgenden Jahrzehnten hielt die sogenannte „Lenz Moser“-Kultur Einzug. Dabei wurde die bis dahin übliche Stockkultur durch eine Drahtrahmenerziehung ersetzt.

Diese Änderung gereichte der Kultur des Furmint zum Nachteil. Denn der großtraubige, saftige Furmint brachte selbst mit zwei oder drei angeschnittenen Zapfen auf einer Stockkultur einen „regulären“ (sprich: „ziemlich guten“) Ertrag. Das trug der Sorte das umgangssprachliche Synonym „Der Zapferte“ ein, welches vor allem in und um Rust und Ödenburg (Sopron) gebräuchlich war.

Durch die neue Erziehungsart (mit langen Fruchtruten) verkam der reich tragende Furmint zum Massenträger. Das Resultat: dünne Weine! Gerade dieser Stil war aber nach, zwischen und vor den Weltkriegen nicht erwünscht. Denn in schlechten Zeiten sehnen sich die Menschen nach Üppigem.

So wurde der einst vielgerühmte Furmint zur Nischensorte. Anfang der neunzehnachtziger Jahre drohte ihm das Aussterben. Die österreichische Sortenstatistik verzeichnete damals gerade noch zwei Hektar. Fast ein Wunder, dass er es dennoch in die „Qualitätsrebsortenverordnung“ des damals „neuen“ Weingesetzes 1965 schaffte.

Die Renaissance datiert mit 1990

Nach jahrzehntelanger annähernder Absenz begann die Renaissance des Ruster Klassikers.

In Österreich wurde Furmint bis vor kurzem ausschließlich in Rust angebaut. Gut zehn Ruster Betriebe führen etwa 20 Hektar der Sorte im Ertrag. Die Rebsorte ist großbeerig, dichttraubig und dünnschalig. Späte Blüte und ebensolche Reife bedingen ein saftiges Säurepotenzial. Das ermöglicht eine optimale Balance im Wein, für den Fall, dass er nicht vollständig durchgegoren wurde, also ein Zuckerrest verblieben ist.

Die markanten, großen und groben Blätter des Furmint sind an der Unterseite behaart – fein, aber vollständig. Man spricht sogar von „flauschigen“ Furmint-Blättern, die die Sorte leicht erkennen lassen.

Die Literatur beschreibt die „Grund-Aromen“ des Furmint so: Erinnerungen an reife, gelbe Birnen und ebenfalls reife Quitten. Der Furmint erinnert somit an große Chenins von der Loire. Kenner können diese Eindrücke bestätigen.

Ein deutsches Weinmagazin bezeichnete den Furmint als „Riesling des Ostens“. Die Parallelen sind unverkennbar: Tatsächlich wird die Sorte spät reif und ist mit hohem Potenzial für beste, knackige Säure ausgestattet. Furmint gedeiht – wie der Riesling – auf trockenen Standorten besser und beansprucht sorgfältige Handlese.

Furmint als Speisenbegleiter

Die Möglichkeit des Furmint zur Speisenbegleitung sind vielfältig. Er mundet zu heimischen Schmankerln aus der burgenländischen Strudelküche (Kraut- oder Bohnenstrudel) und zu Fischen aus dem See.

Ein mittelgewichtiger, fruchtiger Furmint-Typus (also einer, der geerntet wurde, noch bevor die Botrytis auftritt) harmoniert auch mit Gemüsen und Kräutern von der eher herben Art, wie Fenchel, Stangensellerie, Kerbel oder Kohlrabi.

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